Die Straffreiheit von Rumänen und Bulgaren, die seit dem 1. 1. 2014 in der Europäischen Union uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen, zuvor aber ohne Arbeitserlaubnis tätig waren und daher den damals geltenden Strafvorschriften unterlagen, ist in die Kontoverse geraten. Tuengerthal / Rothenhöfer haben in wistra 11/2014, S. 417 f., die Straffreiheit bejaht, da § 2 Abs. 3 StGB unmittelbar Anwendung finde und § 2 Abs. 4 StGB aus europarechtlichen Gründen nicht vorgehe. Demgegenüber hält Mosbacher, NStZ 5/2015, S. 255 f., an der Strafbarkeit fest, da ein Zeitgesetz nach § 2 Abs. 4 StGB, das die Strafbarkeit vorsehe, zuvor gegolten habe, § 2 Abs. 4 StGB durch Europarecht in seinem Anwendungsbereich nicht eingeschränkt werde und die neue Rechtslage seit dem 1. 1. 2014 nur den persönlichen, nicht den tatbestandlichen Anwendungsbereich von § 2 Abs. 3 StGB geändert habe, was keine mildernde Wirkung auslöse. Auch sei die Frage höchstrichterlich entschieden. Dem tritt die Replik von Tuengerthal / Rothenhöfer / Hennecke in allen Punkten entgegen. Art. 49 Abs. 1 Satz 3 der EU-Grundrechte-Charta, wonach die mildere Strafe zu verhängen ist, wenn nach Begehen einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt wird, schlägt am Ende durch. Im Ergebnis bleiben die Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien, die zuvor illegal beschäftig waren, seit dem 1. 1. 2014 straffrei.
(191021.6)