230523 Zur Stundenvergütung im Werkvertrag für Handwerker, BGH Beschluss VII ZR 882/21


Zur Stundenvergütung im Werkvertrag für Handwerker, BGH Beschluss VII ZR 882/21


Sachverhalt: Was muss bei einem Werkvertrag über Handwerkerleistungen für den Beweis der Stundenvergütung dargelegt werden?


Im vorliegenden Fall geht es um Vergütungsansprüche aus einer Stundenabrede im Werkvertrag in Höhe von 28.114,77 Euro für Malerarbeiten. 


Die Klägerin war über einen Werkvertrag beauftragt worden Malerarbeiten zu erbringen. Hierfür wurde eine Stundenvergütung vereinbart. Die Klägerin erstellte über ihre Leistungen mehrere Rechnungen, die sie in einer Schlussrechnung vom 12. Oktober 2016 zusammenfasste. In der Schlussrechnung listete sie die Stunden auf, die sie für die einzelnen Arbeiten an unterschiedlichen Häusern behauptete aufgewendet zu haben. Der abgerechnete Stundensatz betrug jeweils 38 Euro Netto.  Auf dieser Grundlage gelangte die Klägerin zu einer Schlussrechnungssumme von 40.899,11 Euro, wovon sie 12.784,34 Euro abzog, die die Beklagte ihr bereits bezahlt hatte.


Die Klägerin trug vor, die Auftragserteilungen seien teilweise durch den Geschäftsführer der Beklagten und teilweise durch deren Bauleiter erfolgt. Die in Rechnung gestellten Arbeiten seien geleistet, die Stundensätze seien vereinbart worden, hilfsweise üblich und angemessen. Die Abnahme der Leistungen sei konkludent durch Bezug der Häuser erfolgt. Dies hat der Bauleiter erstinstanzlich bezeugt.


Nachdem das Landgericht die Klage abwies und das Berufungsgericht die Berufung zurückwies, wendete sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde an den BGH.


Entscheidung des BGH: Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht


Der BGH hob den Beschluss des Berufungsgerichts auf und wies die Sache an das Berufungsgericht zurück. 


Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicher- stellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt daher vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben.


Im vorliegenden Fall nahm das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin aus der ersten Instanz nicht zur Kenntnis. Sie hatte durch Zeugnis des Bauleiters unter Beweis gestellt, dass die Beklagte laufend Kenntnis von den Vorgängen auf der Baustelle gehabt habe.


Bei einer Stundenvergütung im Werkvertrag genügt die Angabe der Stunden 


Ferner führte der BGH aus, dass der Werkunternehmer zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind. Demgegenüber setzt die schlüssige Abrechnung einer Stundenvergütung im Werkvertrag grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Eine solche Zuordnung ist daher nicht erforderlich. Sie muss vom Werkunternehmer nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte Abrechnung rechtsgeschäftlich vereinbart haben.


Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass der Vortrag der Klägerin zur Anspruchshöhe schlüssig ist. Die Klägerin hat dargelegt, dass sie für insgesamt 15 Häuser Malerarbeiten ausgeführt hat. Die Klägerin hat des Weiteren dargelegt, wie viele Stunden auf welche Gewerke angefallen sind. 


Fazit: Im Werkvertrag darf unter erleichterten Voraussetzungen auf Stundenbasis abgerechnet werden


Aus dem Beschluss des BGH wird deutlich, dass auch im Werkvertrag auf Stundenbasis abgerechnet werden kann. Für eine schlüssige Begründung einer Stundenvergütung im Werkvertrag ist es ausreichend, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind. Hierbei ist eine Zuordnung der jeweiligen Tätigkeiten zu den abgerechneten Stunden nicht erforderlich. Wenn eine detaillierte Abrechnung vom Bauherrn gewünscht ist, muss diese im Vertrag vereinbart werden. Um sich vor Fehlern zu schützen, empfiehlt es sich hierzu anwaltlichen Rat einzuholen.


Zu diesen und anderen Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht und nehmen Sie Kontakt auf. Herr Rechtsanwalt Andorfer hilft Ihnen auch bei allen anderen Fragen rund um die Themen Fremdpersonaleinsatz, insbesondere Recht der Werkverträge und Zeitarbeit Arbeits- und WirtschaftsstrafrechtDeutsches und Europäisches Sozialversicherungsrecht sowie Europarecht. Ebenso berät Sie Herr Andorfer bei Fragen des Einsatzes von Selbständigen. Er berät Sie über die Durchführung Ihrer Tätigkeit, auditiert die Abläufe in Ihrem Betrieb wie bei einer Zollprüfung und hilft Ihnen die Risiken zu reduzieren. Sie erreichen ihn per E-Mail (info@protag-law.com) und telefonisch unter 06221 33 863 – 0.


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