Mehr Infos zum Beschluss des LAG Düsseldorf v. 29.06.20 – 3 Ta 157/20

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Freier Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag mit einem Geschäftsführer
LAG Düsseldorf Beschluss v. 29.06.20 – 3 Ta 157/20

Sachverhalt: Ist ein Geschäftsführer auf Basis eines freien Dienstvertrages oder eines Arbeitsvertrags tätig?
Im vorliegenden Fall befasste sich das LAG unter anderem mit der Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem freien Dienstverhältnis eines Geschäftsführers.

Die Parteien stritten über die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses durch die außerordentliche Kündigung sowie über Vergütungs- und Entschädigungsansprüche. Die Beklagte ist eine Management-Holding-Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Der Kläger ist bei ihr auf der Grundlage eines schriftlichen „Open-ended Employment Contract“ bzw. „Unbefristeter Arbeitsvertrag“ seit dem 26.04.17 als Geschäftsführer gegen ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 36.250 Euro beschäftigt. Unter anderem war er auch für weitere Unternehmen, an denen die Beklagte Anteile hielt, tätig.

Nachdem die Beklagte den „employment contract“ fristlos kündigte, erhob der Kläger eine Klage beim Arbeitsgericht und machte Zahlungsansprüche in Höhe von 589.159,77 Euro als Entgelt nach luxemburgischem Recht geltend.

Die Beklagte war jedoch der Ansicht, es liege kein Arbeitsverhältnis vor, sondern ein Dienstvertrag, da der Kläger keinen Weisungen unterlegen habe. Die anderslautenden Bezeichnungen seien irrtümliche Falschbezeichnungen, die nach dem Grundsatz falsa demonstratio non nocet unbeachtlich seien.

Das Arbeitsgericht entschied, dass der Geschäftsführer im Rahmen eines Arbeitsvertrages als Arbeitnehmer beschäftigt worden sei. Es hielt den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für eröffnet. Dagegen wendete sich die Beklagte an das LAG Düsseldorf.

Entscheidung des LAG: Geschäftsführer war ein Arbeitnehmer
In seinem Beschluss kam das LAG unter anderem zu dem Ergebnis, dass für die Tätigkeit eines Geschäftsführers beide Vertragstypen, der freie Dienstvertrag wie auch ein Arbeitsvertrag, grundsätzlich in Betracht kommen.

Der Geschäftsführer einer GmbH wie auch entsprechende Mitglieder eines Vertretungsorgans anderer Gesellschaften werden für diese zwar in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags tätig. Haben die Parteien allerdings ausdrücklich ihr Vertragsverhältnis als „Arbeitsvertrag“ vereinbart und bezeichnet, ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen.

Grundsätze der Abgrenzung eines Dienstvertrages von einem Arbeitsvertrag
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von einem Dienstverhältnis durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Nach § 611a Abs. 1 BGB ist Arbeitnehmer, wer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab.

Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an. Umgekehrt gilt diese Regel aber nicht: Vereinbaren die Parteien als Grundlage ihrer Anstellung als Organmitglied einen Arbeitsvertrag, unterwerfen sie sich damit freiwillig dem entsprechenden Schutzsystem. In diesem Fall ist eine Korrektur des abhängigen Status unter Berücksichtigung der tatsächlichen Vertragsdurchführung nicht möglich.

Im vorliegenden Fall haben die Parteien nach dem Wortlaut und Inhalt des Vertrages ein Arbeitsverhältnis vereinbart. Im Vertragstext wurde der Begriff „Arbeitnehmer“ 86-mal verwendet. Bei einer solchen Vielzahl sind Anhaltspunkte für bloße Schreibfehler nicht ersichtlich.

Ferner überzeugt die Annahme der Beklagten, es liegen irrtümliche Falschbezeichnungen vor, nicht. Es wäre zwar denkbar, dass beispielsweise aufgrund eines luxemburgischen rechtlichen Begriffsverständnisses die Bezeichnungen „Arbeitnehmer“ oder „Arbeitsvertrag“ nicht die Bedeutung des maßgeblichen deutschen Verständnisses hätten. Dies hat die Beklagte jedoch nicht begründet, sondern lediglich pauschal behauptet.

Aus den oben genannten Gründen war der Geschäftsführer als Arbeitnehmer anzusehen. Daher war der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

Fazit: Richtige Bezeichnung und tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses
Das LAG zeigte erneut, wie wichtig die richtige Bezeichnung und die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ist. Wenn Unternehmen einen Dienstvertrag über die Tätigkeit eines Geschäftsführers schließen möchten, sollten Sie darauf achten, dass der Vertrag ordentlich formuliert ist. Anderenfalls ist der Geschäftsführer als Arbeitnehmer zu sehen. Wenn Unternehmen nämlich einen Arbeitsvertrag über die Tätigkeit eines Geschäftsführers geschlossen haben, dieser Geschäftsführer aber seine Tätigkeit frei ausübt, kann man sich im Nachhinein nicht auf die tatsächlich freie Tätigkeit berufen. Der Geschäftsführer ist dann auch als Arbeitnehmer zu sehen.

siehe auch unter: https://protag-law.com/freier-dienstvertrag-oder-arbeitsvertrag-mit-einem-geschaeftsfuehrer-lag-duesseldorf-beschluss-v-29-06-20-3-ta-157-20/
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